Rundgang

 

 

 

 

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23. (Kat. Nr. 52)

Martin Luther: Offt me vor dem sterven flegen möge. Wittenberg: Barth 1527. [23] Bl.; 8º.
Signatur: QuH 169.6 (5)

Von alters her empfahl sich das "Fuge cito vade longe rede tarde" - das schnelle und weite Entfernen vom Ort der akuten oder erwarteten Seuche und die späte Rückkehr dorthin - als das wirksamste Mittel gegen die Pest. Die Flucht vom Ort der Wirkung des göttlichen Strafgerichts, das Verlassen der leidenden Betroffenen konnte jedoch nicht ohne Kommentar der christlichen Kirche bleiben - die Auseinandersetzung mit der Pest als Ausdruck göttlicher Strafe und Glaubensprüfung spielte eine nicht unerhebliche Rolle bei der Konsolidierung des frühen Protestantismus zu Beginn der Neuzeit [1].
Unter den zahlreichen Werken, die sich mit diesen Fragen befaßten, stand Luthers Abhandlung Ob man fur dem sterben fliehen muge, die erstmals 1527 in Wittenberg im Druck erschien und über die Jahrhunderte zahllose Nachdrucke erfuhr, im Mittelpunkt.
Luther vertritt einen in gewisser Weise offenen Standpunkt: im Grunde müsse man Gottes Strafe annehmen - und bleiben. Allerdings sei dem Menschen der Versuch, das von Gott verliehene Leben zu retten, nicht verboten. Wer jedoch Ämter, geistliche wie weltliche, innehabe, wer Kinder und Verwandte zu pflegen habe, müsse bleiben.
Gezeigt wird eine seltene niederdeutsche im Jahr der Erstausgabe erschienene Version.

Aufgeschlagen: Titelblatt.


[1] Vgl. dazu Matthias Lang: "Der Ursprung aber der Pestilentz ist nicht natürlich, sondern übernatürlich ...". Medizinische und theologische Erklärung der Seuche im Spiegel protestantischer Pestschriften 1527-1650, in: Die leidige Seuche, hrsg. O. Ulbricht, S. 133-180

 
 

 

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