Hrabanus Maurus in Ezechielem 1-6

 

 

 

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Pergament. 202 Blatt. 21 x 15 cm. Fulda. Mitte des 9. Jahrhunderts
Codex Guelferbytanus 92 Weissenburgensis, 82v-83r
Alte Klostersignatur: .C. [Kommentare zu Texten des Alten Testaments]


In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts gehörte das Benediktinerkloster Fulda zu den angesehensten Bildungsstätten im ostfränkischen Reich. Diese Bedeutung erhielt es unter dem Abt Hrabanus Maurus (um 780 - 856, seit 822 Abt), dem berühmtesten Gelehrten, den Fulda hervorgebracht hat. Hrabanus selbst wurde in der durch Karl den Großen gegründeten Hofschule in Aachen ausgebildet. Später war er Schüler Alkuins, des wohl wichtigsten Protagonisten der karolingischen Bildungsreform. Hrabanus verfaßte zahlreiche Schriften, darunter viele Bibelkommentare. Aber auch zu Fragen der kirchlichen Praxis und den zu seiner Zeit aktuellen theologischen Streitpunkten äußerte er sich. Zudem wirkte er mit beim Ausbau der Fuldaer Bibliothek zur größten im ganzen Ostfrankenreich.
Der ausgestellte Kodex enthält einen Kommentar zum Propheten Ezechiel in angelsächsischer Minuskel. Diese unterscheidet sich durch ihren spitzer und gedrängter wirkenden Charakter von der karolingischen Minuskel. Man kann davon ausgehen, daß der Schreiber aus England stammte und in Fulda weiterhin die Schriftart benutzte, die er als Schüler gelernt hatte. Vielleicht gehörte auch er zu den vielen angelsächsischen Missionaren, die mithalfen, das Frankenreich zu christianisieren, Klöster zu gründen und Bistümer einzurichten. Später versuchte Hrabanus den Gebrauch der angelsächsischen Minuskel im Skriptorium Fuldas zu unterbinden, um die Ausbreitung der karolingischen Minuskel zu fördern.
Am Ende der rechten Seite (Folio 83r) heben sich einige Zeilen deutlich hervor. Es handelt sich um eine nachträglich hinzugefügte Korrektur, die jedoch nicht von der Hand des Schreibers stammt. Es wird vermutet, daß es sich bei dem Korrektor um Hrabanus Maurus selbst handelt und die vorliegende Handschrift somit einen Autographen des Hrabanus darstellt.

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© Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 2002