Isidor von Sevilla: Etymologiae

 

 

 

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Pergament. 330 Blatt. 26,5 x 21 cm. Bobbio. Ende des 5. Jahrhunderts (Ulfilas) und 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts
Codex Guelferbytanus 64 Weissenburgensis, 255v
Alte Klostersignatur: .F. [ Kirchliche Wissenschaft]

Pergament stellte im Mittelalter ein sehr kostbares Material dar. Aus diesem Grund geschah es, daß ältere Texte überschrieben wurden, wodurch sog. Codices rescripti entstanden.
Dieses Buch ist ein solcher Codex rescriptus. Der später überschriebene Text enthält die im Mittelalter in vielen Bibliotheken vorhandene Enzyklopädie des spanischen Bischofs Isidor von Sevilla (um 560-636). Dieses Werk, das den Titel Etymologiae oder Origines (Ursprünge) trägt, überliefert das geistliche und profane Wissen der Spätantike, das Isidor zumeist den Kirchenvätern oder Handbüchern für die einzelnen Wissensgebiete entnahm. Dadurch wurde Isidor zu einem der bedeutenden Übermittler antiken Wissens in die mittelalterliche Kultur. Auch sonst ist er ein wichtiger Schriftsteller. Der Text ist in einer schwer lesbaren präkarolingischen Minuskel geschrieben, er steht hier auf dem Kopf.
Unter diesem Text entdeckte der Braunschweiger Abt Franz Anton Knittel im Jahre 1755 eine ältere Handschrift. Sie enthält unter anderem Fragmente der Bibelübersetzung des gotischen Bischofs Ulfila (um 311-382/3). Diese ist in Unziale geschrieben und verfügt über Buchstaben, die Ulfila speziell für die Wiedergabe des Gotischen, das eine ostgermanische Sprache war, entwickelt hatte. Dabei orientierte er sich größtenteils am griechischen Alphabet. Die Fragmente der Ulfilabibel sind besonders wertvoll, da sie zu den ersten volkssprachlichen, also nicht in Latein oder Griechisch verfaßten Sprachdenkmälern gehört. Das Buch verlor vermutlich seine Bedeutung, als die Goten 553 n. Chr. in Italien besiegt worden waren und ihre Sprache in Italien in Vergessenheit geriet. Als das Pergament neu beschrieben wurde, konnte kaum noch jemand Gotisch lesen.

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© Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 2002