Rundgang

 

 

 

 

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12. KANN EIN SÜNDIGER PRIESTER DAS SAKRAMENT WIRKSAM SPENDEN?

Sermo. Epistola de vitanda missa. Bruno Signiensis. Quaestio de sacramentis haereticorum. Etc.
Kalbspergament - 97 Bl. - 21,5 x 13,5 cm - Lamspringe - Ende 12. Jh
Codex Guelferbytanus 718 Helmstadiensis


Die Handschrift enthält eine Reihe von theologischen Kontroversschriften zur Simonie, dem "Hauptverbrechen", um das der Investiturstreit tobte. Es ging um die Gültigkeit von Sakramenten, wenn sie von unwürdigen Priestern gespendet worden waren. Zudem behandelt ein weiterer Traktat die Frage, welche Folgen sich ergeben, wenn ein Priester, der den Zölibat verletzt hat, an einer Messe teilnimmt. Der dritte Traktat überliefert das ungewöhnliche Beispiel eines von Toleranz geprägten Gedankenaustauschs zwischen einem Juden und einem Christen. Er zeigt, daß es der kleinen jüdischen Minderheit in England seit ihrer Ansiedlung 1066 besser ging als auf dem europäischen Festland. In dem Traktat diskutiert Gilbertus Crispinus (Mönch in der Abtei Le Bec und ab 1085 Abt von Westminster) offen mit einem jüdischen Gelehrten die Möglichkeiten der allegorischen und der wörtlichen Auslegung des Alten Testaments. Dabei baut der jüdische Vertreter dem Christen eine Brücke: denn die Christen könnten sich auch bei einer übertragenen Deutung an den Wortlaut halten, damit würde aber der Tora Genüge getan und sie könnte für beide Seite segensreich wirken.
Eine einfache Spaltleisteninitiale hat die Schreiberin des Kodex dem Traktat des Gilbertus Crispinus vorgeschaltet, der mit einer Widmung an den großen Erzbischof Anselm von Canterbury beginnt: Venerando patri et domino Anselmo sanct? Cantubrigensis ecclesi? archiepiscopo ...


 
 

 

© Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 2006