herausgegeben von Ulrich Heinen
in Verbindung mit Elisabeth Klecker, Hartmut Laufhütte, Barbara Mahlmann-Bauer, Dirk Niefanger, Sandra Richter, Wilhelm Schmidt-Biggemann, Johann Anselm Steiger und Guillaume van Gemert
Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung Bd. 47
2011. 2 Bde. 1180 S. mit 153 s/w-Abb.
ISBN: 978-3-447-06405-7
Preis: € 169,-
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Der Sammelband macht fundamentale Konflikte des 17. Jahrhunderts als Reflex antiker Kontroversen lesbar und zeigt hierin einen bisher übersehenen Ursprung des Streits um Antikenbezug und Modernität. Republik gegen Imperium, poetische Freiheit gegen Regelrhetorik, Kritik gegen Affirmation, Empirismus gegen Schulphilosophie, Ethik gegen Wirkungsästhetik, Zivilisiertheit gegen Barbarei, die eine Konfession gegen die andere, die Ausdifferenzierung der Systeme gegen deren Integration: In bedeutenden Konflikten der Frühen Neuzeit beriefen sich alle Parteien auf antike Zeugen. In Wechselwirkung mit diesem Legitimationsbedarf ereignete sich schon im 16. Jahrhundert eine nicht nur quantitative Expansion der verfügbaren Altertümer. Aus der „Antikerezeption“ im Singular, die – bei allem Streit, von dem die antike Überlieferung selbst berichtet – von der epochalen Einheit der Antike ausgeht, war mehr und mehr eine „Antikenrezeption“ im Plural geworden. Schließlich war die Fülle verfügbarer antiker Überlieferungen nur noch enzyklopädisch oder in spezialwissenschaftlichen Disziplinen zu bewältigen. Diente die Entscheidung der Frage, „welcher Antike“ man den Vorzug geben wollte, um 1600 der Positionierung in der eigenen Gegenwart, so liegt in dieser Frage schon der Keim für die am Ende des 17. Jahrhunderts dominante Alternative „Antike oder Moderne?“. Die mit der Ideologie der Moderne verbundene neue Normativität aber sollte um 1700 auch für die Befassung mit den Altertümern eine methodische, ethische und ästhetische Homogenisierung erzwingen und deren Resultate an die Stelle der Pluralität antik begründeter Legitimationsbezüge der vergangenen Jahrhunderte setzen.