ATHANASIUS KIRCHER UND HERZOG AUGUST

Lebenslauf

 

 

 

 

1602, 2. Mai, Geburt als siebtes und letztes Kind von Johann und Anna Kircher, geb. Gansek, in Geisa in der Rhön. Der Vater war in Mainz zum Doktor der Philosophie promoviert worden und hatte auch Theologiestudien betrieben. Inmitten seiner in den folgenden Kriegwirren verloren gegangenen Bibliothek widmete sich Johann Kircher im Alter auch der Mathematik. Erteilt dem zehnjährigen Anfangsunterricht in Geographie.

1612-24 Nach Besuch der Grundschule Eintritt in die Jesuitenkollegien von Fulda, Paderborn, Köln und Koblenz. Zunächst Studium der Grammatik, der lateinischen, griechischen und - durch einen Rabbiner - auch der hebräischen Sprache, dann auch der Philosophie, Physik und Mathematik.

1624 Berufung nach Aschaffenburg an den Hof des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz als Assistent des durch seine Mathematikkenntnisse bekannten Jesuitenpaters J. R. Ziegler. Auf Geheiß des Kurfürsten Beginn der Arbeiten am Magnetismus.

1625-28 Nach dem plötzlichen Tod des Kurfürsten Studium der Theologie und orientalischen Sprachen in Mainz.

1629 Priesterweihe in Mainz; drittes Probejahr der Jesuiten in Speyer. Erste Bekanntschaft mit Darstellungen von Obelisken und Hieroglpyhen; Plan zur Entzifferung dieser Schriftzeichen.

1629-31 Professor für Mathematik, Ethik und orientalische Sprachen in Würzburg. Erster Versuch, in die China-Mission aufgenommen zu werden. Veröffentlichung der Ars magnesia in Würzburg. 14. Oktober, Flucht des gesamten Jesuitenkollegs vor den Truppen Gustav Adolphs.

1632 Über Mainz, Speyer, Paris gelangt Kircher nach Avignon, wo er am Jesuitenkolleg Mathematik, Philosophie und orientalische Sprachen lehrt. In Aix-en-Provence Bekanntschaft mit Nicolas Claude Fabri de Peiresc, einem der einflußreichsten Gelehrten Frankreichs. Kircher trifft Pierre Gassendi und den dänischen Astronomen Johann Hevelius in Avignon.

1633 Berufung als Hofmathematiker Kaiser Ferdinand II. nach Wien; durch Intervention Peirescs und des Kardinals Francesco Barberini stattdessen Ernennung zum Professor für Mathematik, Physik und orientalische Sprachen am Collegium Romanum in Rom, wo er mit wenigen Ausnahmen bis zu seinem Tode verweilt.

1636 Prodromus Coptus sive Ægyptiacus, Kirchers erster Versuch der Deutung der Hieroglyphen mit der (korrekten) Annahme, das Koptische sei Nachfahre der alten ägyptischen Sprache.

1637 Begleitet Friedrich, Landgraf von Hessen-Darmstadt (an dessen Konversion er beteiligt war), als Beichtvater nach Malta.

1638 Auf der Rückreise Zeuge der Vulkanausbrüche in Süditalien. Läßt sich, wie in der Einleitung des Mundus subterraneus (1664-65) Jahrzehnte später beschrieben, in den Krater des Vesuvs abseilen.

1645 Befreiung von seinen Lehrverpflichtungen am Collegium Romanum.

1650 Beginn des bis zum Tod Herzog Augusts des Jüngeren andauernden Briefwechsels mit der Übersendung der Musurgia universalis, Kirchers wichtigem musikologischen Sammelwerk.

1651 Calixt, seit 1650 Theologieprofessor in Helmstedt, erhält bei seinem Romaufenthalt das Herzog August versprochene Exemplar des im Vorjahr erschienenen Obeliscus Pamphilius. Eine dem Collegium Romanum vermachte Antiquitätensammlung, deren Kustos Kircher wird, bildet den Grundstock zum späteren Museum Kircherianum.

1652-54 Druck des vierbändigen Œdipus Ægyptiacus, von Kaiser Ferdinand III. großzügig unterstützt. Zu den Lobgedichten auf diesen Mäzen gesellt sich ein "hieroglyphisches", von Kircher auf die vier Seiten eines Obelisken komponiert.

1656-57 Itinerarium exstaticum sowie Iter exstaticum II, Kirchers Auseinandersetzung mit der Welt des Kosmos und den verschiedenen konkurrierenden Systemen.

1656-58 Die Pest in Neapel und Rom; 1658 Veröffentlichung des Scrutinium Pestis, in dem Kircher mit der Theorie der an der Verbreitung beteiligten "kleinen Würmer" (vermiculi) 200 Jahre vor der Entdeckung des Pestbazillus zum "Vater der modernen Mikrobiologie" wird.

1660 Nach 9 Jahren Wiederaufnahme der Korrespondenz mit Herzog August, der Kircher eine in Bernstein eingeschlossene Eidechse übersendet, die dieser mehrfach publiziert. Zum Dank übermittelt Kircher dem Herzog das Manuskript "Novum inventum linguarum omnium ad unam reductarum", eine Vorstufe der 1663 publizierten Polygraphia nova et universalis.

1661 Exklusivvertrag mit dem Verlag Jansson im reformierten Amsterdam für die immer anspruchsvoller illustrierten Werke Kirchers.

1664-65 Mundus subterraneus, Kirchers zweibändiges Gegenstück zu seinen kosmologischen Büchern.

1664-66 Intensivierung der Korrespondenz zwischen Kircher und Herzog August, der ihm zunehmend große Geldsummen anweisen läßt und von ihm zur Stärkung seiner Gesundheit Medizin aus der Apotheke des Collegium Romanum sowie einen Schlangenstein erhält. Im Todesjahr des Herzogs (1666) übermittelt Kircher sein kostbarstes Geschenk, das syrische Tetra-Evangeliar.

1666 Obelisci Ægyptiaci interpretatio mit weiterer Festigung von Kirchers Theorie der Hieroglyphen.

1667 China [...] illustrata, Kirchers große Überschau über die zum Teil erstmals beschriebene Welt Chinas, Tibets, Nepals, Indiens und Japans mit ihren Sprachen und Gebräuchen.

1669 Ars magna sciendi, ein weiteres wissenschaftliches Sammelwerk Kirchers.

1675 Arca Noe, Kirchers biblische Weltschau.

1676 Sphinx mystagoga, sive diatribe hieroglyphica, letzte ägyptologische Diskussion Kirchers.

1679 Turris Babel sive archontologia, Kirchers Theorie vom Ursprung aller Sprachen und ihrer Verwirrung nach dem Turmbau von Babel.

1680 20. Januar, letzter Brief an den Augsburger Freund und ersten Biographen, Hieronymus Langenmantel. Zunehmende Verschlechterung von Kirchers Gesundheitszustand; am 27. November Tod. Beisetzung in der Kirche Il Gesù in Rom.

 

 

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