Die Pest war Anfang des 18. Jahrhunderts
wo gut wie verschwunden aus Europa; nun traten andere ansteckende
Krankheiten in epidemischen Ausmaßen stärker hervor.
Bis weit in das 19. Jahrhundert durchzogen schreckliche Pockenepidemien
den Kontinent.
Mit der Pockeninokulation, die Anfang des 18. Jahrhunderts von
England aus auch in Deutschland zunächst vereinzelt und unsystematisch
praktiziert wurde, hielt eine qualitativ völlig neue Behandlungsmethode
von ansteckenden Krankheiten ihren Einzug. Damit war in einer
bislang nicht erfahrbaren Weise mittels einer medizinischen Therapie
tatsächlich wirkungsvoll auf die Ausbreitung einer ansteckenden
Krankheit Einfluß zu nehmen. Nun erschien die Krankheitsprävention,
auch wenn sie bei der Seuchenbekämpfung lange schon eine
gewisse Rolle gespielt hatte, in neuem Licht. Der positiven Bewertung
vieler Ärzte und der Obrigkeit stand jedoch hartnäckiger
Widerstand weiter Bevölkerungskreise wie auch von Medizinern
entgegen: die Methode, mittels des bewußten Auslösens
einer Krankheit diese letzlich unterdrücken zu wollen, wurde
äußerst kritisch bewertet, zumal nicht selten auch
schwere Erkrankungen mit Todesfolge oder bleibenden Schäden
beobachtet worden waren. Erst mit Edward Jenners Ende des 18.
Jahrhunderts propagierten Kuhpocken-Vakzination konnten die Pockenschutzimpfungen
breiteres Interesse in der Öffentlichkeit finden und lösten
nicht selten große Euphorie aus.