
Pergament. 108 Blatt.
30,5 x 23,5 cm. Weissenburg. 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts
Codex Guelferbytanus 32 Weissenburgensis, 106v-107r
Alte Klostersignatur: .b. [Texte des Alten Testaments]
Die Bibel stand im Zentrum der frühmittelalterlichen
Buchherstellung. Dabei wurden zumeist nur Teile abgeschrieben, so
daß ein Kodex (so die Bezeichnung für Handschriften in
Buchform im Gegensatz zur Rollenform) in der Regel nur einige Bücher
der Bibel enthielt, die in einem engen Zusammenhang stehen. Es gibt
aber auch Kodizes mit nur einem biblischen Buch. Häufig wurden
dem biblischen Buch Texte beigegeben, die es erläutern und kommentieren:
Predigten, Kommentare und zuweilen auch Vokabulare. Oft geschah dies
in der Form einer Glosse: Der erläuternde, kommentierende oder
auch übersetzende Text wurde entweder um den Bibeltext herum
(Marginalglosse) oder zwischen die Zeilen desselben (Interlinearglosse)
geschrieben.
Der vorliegende Kodex enthält das Buch des Propheten Jeremias.
Aufgeschlagen ist die Oratio Jeremiae (Lam 5, 1-16). Die Glossierung
stammt wahrscheinlich von Otfrid von Weissenburg, der im 9. Jahrhundert
Vorsteher der Klosterbibliothek war.
Die Handschrift ist in einer Majuskel- oder Großbuchstabenschrift
geschrieben. Es ist eine Unziale mit ihren typischen Formen des D,
E und M. Die Glossen sind hingegen in einer Kleinbuchstabenschrift,
der karolingischer Minuskel, aufgezeichnet. Diese Schriftart wurde
im Zuge der Bemühung Karls des Großen um eine Bildungsreform
Ende des 8., Anfang des 9. Jahrhunderts als vereinheitlichte und in
klare Form gebrachte lateinische Buchschrift entwickelt. Der Leiter
der Hofschule Karls Alkuin hatte daran wesentlichen Anteil. Sie blieb
bis ins 12. Jahrhundert hinein die wichtigste Buchschrift. Die Großbuchstaben
wurden zumeist aus der Unziale entlehnt.
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