Die Forschung wendet sich den druckgrafischen Porträts in jüngerer Zeit wieder vermehrt als einer eigenständigen Gattung zu. Aktuelle Fragen betreffen Repräsentations- und Darstellungskonventionen sozialer Gruppen, die Funktion des Porträts in seinem Kontext sowie die Sammelpraxis selbst. Weil druckgrafische Porträts häufig aus ihrem Kontext herausgelöst überliefert sind und ihr Erscheinungsbild stark von Produzenten, Technik, Vorbildern und ikonografischen Traditionen geprägt ist, ist eine für Porträts optimierte Bildähnlichkeitssuche ein großes Desiderat der Forschung. Die Suche soll zum einen die Bestimmung vereinzelt vorliegender Porträts mit ihrem Publikationskontext ermöglichen, zum anderen soll sie Ähnlichkeiten zwischen Porträts unterschiedlicher Personen über das Verbal-Explizite hinaus auffinden helfen. Die HAB verfügt über eine Sammlung von ca. 32.000 Porträts, die tiefenerschlossen und digitalisiert vorliegen, darüber hinaus über zahlreiche noch schlecht erschlossene Porträts in ihren Buchbeständen. Diese Sammlungen sollen als Materialbasis für die geplante Bildsuche in Porträts dienen. Erweitert werden soll sie durch die Auswertung von digitalisierten, Porträts enthaltenden Büchern anderer Einrichtungen.
Die Entwicklung der Bildähnlichkeitssuche soll in einer intensiven Zusammenarbeit von Geisteswissenschaftler*innen und IT-Entwickler*innen geschehen. Hierbei können Techniken der Bilderkennung gezielt für die Beantwortung hermeneutischer Fragestellungen eingesetzt und umgekehrt die inhaltliche Aussagekraft maschinell zutage geförderter Ähnlichkeiten beurteilt werden. Aussagekräftige Suchverfahren können gezielt weiterentwickelt und über das Nutzerinterface angeboten werden. Zum Einsatz kommen dabei sowohl klassische Bildverarbeitungs-Ansätze als auch fortgeschrittene Algorithmen wie tiefe neuronale Netzwerke (CNNs). Die Bildsuche wird einerseits über ein öffentliches Webinterface zur Verfügung gestellt, andererseits über eine App für mobile Endgeräte. Die App ermöglicht eine Bestimmung und vergleichende Erforschung von Porträts mit Hilfe der Fotofunktion und bildet somit ein einfach zu bedienendes, weltweit einsetzbares Hilfsmittel für die Arbeit mit frühneuzeitlichen Porträts.
In Kooperation mit der Stiftung Universität Hildesheim, Institut für Informationswissenschaft und Sprachtechnologie (IWIST), Prof. Dr. Thomas Mandl
Die App wurde im April 2024 in einer ersten Version für Android und Apple veröffentlicht.
PURL: http://diglib.hab.de/?link=105
Finanzierung: Land Niedersachsen über VolkswagenStiftung
Laufzeit: Januar 2020 – Juni 2024
Projektbeteiligte: Dr. Hartmut Beyer (Kontakt), Dr. Hole Rößler (Kontakt), Dr. Nina Niedermeier (Bearbeiterin), Sebastian Diem (Bearbeiter, Hildesheim)