21. November 2023

Anlass für den Erwerb war der 60. Geburtstag des HAB-Direktors Peter Burschel im Oktober 2023. Er wählte das Buch von Claudia Berg nicht nur deshalb aus, weil er seine Entstehung seit 2018 begleitet hat, sondern auch aus einem persönlichen Interesse an der Fruchtbringenden Gesellschaft: „Da denken Menschen ganz unterschiedlicher religiöser Überzeugung und politischer Bindung mitten im Dreißigjährigen Krieg über Sprache nach und meinen doch alle vor allem eines – den Frieden. Spracharbeit ist ihnen Harmoniearbeit. Harmoniearbeit ist ihnen Friedensarbeit“, schreibt er in dem der Graphikmappe aufgenommenen Text „Alles zu Nutzen“.

Die Buchkünstlerin hat Porträts von Mitgliedern der „Fruchtbringenden Gesellschaft“ sowie eines Mitglieds der „Tugendlichen Gesellschaft“, dem weiblichen Gegenstück der „Fruchtbringenden Gesellschaft“, in einer originalgrafischen Mappe erarbeitet. Im Mittelpunkt der Arbeit stand die Rekonstruktion des visuellen Zusammenhangs von Spracharbeit und Friedensarbeit über das Porträt. So ist eine Serie von fünf großformatigen Porträts entstanden. Claudia Berg recherchierte im Köthener Museum und in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel zu Bildmaterial zu Martin Opitz, Andreas Gryphius, Diederich von dem Werder, Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen und zu Herzogin Anna Sophia von Anhalt. Während der Beschäftigung mit den einzelnen Personen hat die Künstlerin versucht, durch vorhandene Texte mehr über die Persönlichkeiten zu erfahren, um Wesenszüge besser in die Porträts einarbeiten zu können und sie so lebendiger und „heutiger“ darzustellen, denn häufig sind die Bildvorlagen der Vergangenheit wenig individuell. Die Mappe wurde in einer kleinen Auflage gedruckt, wobei die Kaltnadelradierungen im Tiefdruck und die Texte im Hochdruck hergestellt wurden und somit eine im 17. Jahrhundert übliche Technik aufnehmen.

Sarah Janke, Fachreferentin für Künstlerbücher an der HAB, Manja Puschnerus, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Curt Mast Jägermeister Stiftung und Peter Burschel, Direktor der HAB, haben sich um eine Staffelei aufgestellt und schauen in die Kamera.
Übergabe der Fruchtbringer-Mappe mit Sarah Janke, Fachreferentin für Künstlerbücher an der HAB, Manja Puschnerus, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Curt Mast Jägermeister Stiftung und Peter Burschel, Direktor der HAB (Foto: HAB)

Die Fruchtbringende Gesellschaft wurde 1617 gegründet und gilt als erste und bedeutendste Sprachgesellschaft der Frühen Neuzeit, die eine umfangreiche Spracharbeit initiierte. Mit dem Ziel, die deutsche Sprache zu einer Literatursprache zu entwickeln, bereicherten die Mitglieder der Gesellschaft die deutsche Sprache mit einer großen Zahl neuer Wortbildungen, verfassten Grammatiken und Poetiklehrwerke, übersetzten Texte und schufen Gedichte und Prosa. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges diente die Spracharbeit der Gesellschaftsmitglieder auch als wichtiges Instrument der Friedensarbeit.

Für die HAB haben die „Fruchtbringer“ eine besondere Bedeutung, denn schon Herzog August gehörte ihr an. Von 2001 bis 2018 wurde ein Forschungs- und Editionsprojekt in der Trägerschaft der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und in Kooperation mit der HAB in Wolfenbüttel durchgeführt: Fruchtbringende Gesellschaft – Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts – HAB.


Titelbild: Grafiken aus dem Künstlerbuch „Fruchtbringende und Tugendliche Gesellschaft“ von Claudia Berg (Foto: Claudia Berg)