Mehr als 130 000 Titel hinterließ der Herzog bei seinem Tod 1666, und dies sei „so etwas wie ein Wunder“, meinte der gelehrte Zeitgenosse Hermann Conring. Als sein eigener Bibliothekar hat Herzog August die Erwerbung, Verzeichnung und Aufstellung seiner Bücher selbst organisiert. Die Ausstellung veranschaulicht anhand von exemplarischen Bänden sowie Bild- und Textdokumenten aus dem Archiv, wie der Herzog mit einem Netz von Agenten die Sammlung aufgebaut hat, wie die räumliche Ordnung der Bibliothek und ihre Kataloge den Kosmos des Wissens spiegeln und wie August der Intellektuelle und Landesherr seine Bibliothek als Arbeits- und Herrschaftsinstrument genutzt hat. Der Gang durch die Ausstellung gibt nicht zuletzt Antworten auf immer wieder gestellte Fragen von Besucher*innen.

„Was ist das denn alles wert?“ Die Bücher gelangten auf unterschiedlichen Wegen in die Bibliothek – als Geschenke, Widmungsexemplare, vor allem aber als gezielte, vom Herzog mit Hilfe von Agenten in ganz Europa betriebene Erwerbungen, in die er nicht geringe Geldmittel investiert hat. Dabei ist August kein wirklichkeitsentrückter Sammler, der einem bestimmten Stück, koste es, was es wolle, nachjagt, sondern erweist sich in vielen Fällen als hart verhandelnder Geschäftsmann. Die Erwerbungspraxis des Wolfenbütteler Herzogs lässt sich somit auch als Spiegelbild seines Herrschaftsverständnisses und politischen Handelns verstehen. Jedes Buch hat seine Geschichte und seinen Preis – die wir vielfach aus den Unterlagen des Bibliotheksarchivs rekonstruieren können.

„Wo stehen denn hier die Romane?“ Die Bibliothek ist mehr als eine Ansammlung von Büchern, weil ihr eine ganze Reihe von Funktionen zugewiesen wird – als großangelegter Wissensspeicher, barockes Repräsentationsobjekt, Lesevorrat, wissenschaftlicher Handapparat und bibliophiles Raritätenkabinett. Die Fülle der Bücher und ihrer Aufgaben verlangt nach Ordnung. Und der Herstellung und Aufrechterhaltung der Ordnung dienen Raum, Kataloge und Signaturen als Instrumente eines durchaus politischen Bibliotheksregiments. Seine Bibliothek hat der Herzog daher in zwanzig Fachgruppen gegliedert, die das gesamte Wissen der Welt ordnen sollen (Romane sind nebenbei bemerkt, obgleich sie als neue literarische Gattung des 17. Jahrhunderts in der Bibliothek zahlreich vorhanden sind, in dieser Systematik nicht vorgesehen).

„Ist das alles echt?“
Die von Herzog August hinterlassene Bibliothek ist ein einzigartiges historisches Ensemble, das bis heute Menschen nach Wolfenbüttel zieht, weil es einen bis in die Gegenwart weiter wachsenden Kosmos des Wissens darstellt. Wie die Bibliotheken anderer Fürsten war die Büchersammlung in Wolfenbüttel ein Medium barocker Hofhaltung, dabei aber auch immer ein Leser*innen zugänglicher Arbeits-, Lese und Studienort. Die materielle Gegenwart der Bibliothek erlaubt bis heute den Umgang mit jahrhundertealten Originalen und somit den lebendigen Austausch mit dem Denken, Gestalten und Wollen vergangener Zeiten.

 

In drei Abteilungen (Schatzkammer, Augusteerhalle, Kabinett) präsentierten Mitarbeiter*innen der Wolfenbütteler Bibliothek Erwerbungsgeschichten herausragender Stücke, typische und untypische Vertreter für die Fachgruppen und ihre inhaltliche wie mediale Vielfalt sowie Bilder, Texte und Dokumente, die das Verhältnis von Wissen, Raum und Ordnung in der Wolfenbütteler Bibliothek veranschaulichen. Nicht zuletzt zeigten ausgewählte Exponate Herzog August als Intellektuellen und Schriftsteller bei der Arbeit mit und an seinen Büchern.