Philipp Hainhofer (1578–1647) war ein Augsburger Kaufmann, Kunsthändler und politischer Korrespondent. Sein „Großes Stammbuch“ enthält 227 gezählte Seiten auf Pergament und Papier mit mannigfaltigen Einträgen. Bezeichnet als „Sammelbuch der Freunde“ versammelt es aber nicht (nur) Freunde im engeren Sinne, sondern auch und vor allem geschäftliche, politische und gesellschaftliche Kontakte. Zwischen 1596 und 1633 verewigten sich hier Kaiser und Könige, Herrscherinnen und Gelehrte, Gesandte und Militärs. Diese und auch Hainhofer selbst gaben zu diesem Zweck Schmuckblätter – Porträts, heraldische, botanische und allegorische Darstellungen – bei bekannten und noch unidentifizierten Künstlern in Auftrag.

Mit jedem weiteren hochrangigen Beitrag hoben sich der Status sowohl des Werks als auch seines Besitzers. Zudem spannte sich so quer durch Europa ein Netzwerk auf, das mit dem Stammbuchhalter als einer zentralen Figur Fürsten, (Hof-)Künstler und Vermittlerfiguren umfasste. Die Blätter waren durch die ursprüngliche Bindung variabel und der Inhalt konnte so den jeweiligen diplomatischen Erfordernissen angepasst werden.

Ziel des Vorhabens ist eine Identifizierung der Inskribentinnen und Inskribenten, der von ihnen gewählten Künstler und Motive, die Transkription und Übersetzung der u.a. in lateinischer, französischer, italienischer und deutscher Sprache verfassten Einträge und eine ikonographische Erschließung der zuweilen sehr komplexen Bildprogramme. Zudem wird eine räumliche wie akteurszentrierte Einordnung in den Entstehungskontext der Blätter angestrebt.

Bereits der Wolfenbütteler Herzog August d. J. zu Braunschweig-Lüneburg, der lange mit Hainhofer korrespondiert hatte, wusste ob der außergewöhnlichen Bedeutung des Stückes und versuchte nach Hainhofers Tod das Große Stammbuch zu erwerben. Jedoch erst 2019/2020 konnte das Große Stammbuch für die Herzog August Bibliothek angekauft werden.

Diese Kostbarkeit frühneuzeitlicher Hof-, Kommunikations- und Manuskriptkultur wurde jetzt in hoher Qualität digitalisiert. Eine Besonderheit unter der verbreiteten Gattung der frühneuzeitlichen Stammbücher stellt die eindrucksvolle buchkünstlerische Ausstattung dar, die neben einer historisch-prosopographischen insbesondere nach einer kunstwissenschaftlichen Erforschung verlangt.

Enge Verbindungen des Projekts bestehen zu dem DFG-Langfristvorhaben „Kommentierte digitale Edition der Reise- und Sammlungsbeschreibungen Philipp Hainhofers (1578-1647)“ (Dr. Michael Wenzel), da die Handels- und Sammeltätigkeit Hainhofers hinsichtlich seiner prominenten Inskribentinnen und Inskribenten naturgemäß mit umfangreichen Reisen verbunden war, wenngleich diese nicht zwangsläufig unmittelbar mit der Entstehung bestimmter Blätter einhergingen.

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Finanziert durch:

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Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
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Stiftung Niedersachsen
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Laufzeit: September 2021 – September 2024
Projektbeteiligte: Dr. Sabine Jagodzinski (Bearbeiterin)