Auffällig oft finden sich in den Sammlungen zudem solche Objekte, die man noch heute als exotisch beschreiben würde. Dabei handelte es sich etwa um Kunstobjekte, Artefakte aus der fremden Flora und Fauna sowie um Bücher, die von Reisen berichteten und in denen teils abenteuerliche Geschichten erzählt werden.

Im Fokus dieses Projektes stehen eben diese Sammlungspraktiken und das damit einhergehende kulturelle und wissenschaftliche Interesse des fürstlichen Adels. Dabei stellt sich vor allem die Frage nach der Funktion dieser Sammlungen und ihrer Rolle für die Wissensakkumulation. Um dem auf den Grund zu gehen, wird in einem ersten Schritt gefragt, was genau gesammelt wurde. Bislang unerschlossene Inventare von Privatbibliotheken fürstlicher Frauen und Männer aus dem letzten Drittel des 17. und aus dem 18. Jahrhundert werden dazu genau untersucht. Hinzu kommen nicht erforschte private Objektsammlungen, Ausstattungsinventare sowie handschriftliche Nachlässe mit Briefen und Manuskripten. Des Weiteren wird die physische Präsenz der verzeichneten Bücher in der Herzog August Bibliothek wie die der Kunstobjekte im Braunschweiger Herzog Anton Ulrich Museum geklärt und in eine digitale Auswertung mit einbezogen. In einem zweiten Schritt werden die so gewonnenen Daten ausgewertet. In welcher Weise waren weise Sammler und Sammlerinnen an der Akkumulation von Wissen über die Welt tatsächlich beteiligt? Welches Wissen wurde sich durch die Sammlungsaktivitäten und die Nutzung von Büchern und Objekten angeeignet? Genauso wichtig wie die Objekte selbst waren aber auch die Beziehungen, die durch sie geknüpft wurden. Denn der Adel war in ein großes Netzwerk eingebettet, das politisch, ökonomisch und kulturell eine große Bedeutung besaß. Wo kamen die Objekte her? Wer war am Austausch beteiligt? Wer durfte sich die Objekte schlussendlich in den Sammlungen ansehen und welchen Nutzen zog man daraus?

So ergibt sich nach und nach ein Bild, das zeigt, wie vielfältig die Funktionen des Sammelns waren. Können wir einerseits davon ausgehen, dass die Freude an schönen und kuriosen Dingen ein treibender Motor war, ist andererseits das Ziel des Wissenserwerbs nicht zu unterschätzen. Des Weiteren ist die Bedeutung der Sammlung als integraler Bestandteil eines zeitgenössischen hochadeligen kosmopolitischen Habitus zu untersuchen, drückt sich in der Sammlungstätigkeit doch womöglich auch und gerade ein gruppenspezifischer sozialer Herrschafts- und Repräsentationsanspruch aus.

Teilprojekt im Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel (MWW)

Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des MWW-Verbundes
Laufzeit: März 2019 – Februar 2024
Projektbeteiligte: Dr. Caren Reimann (Bearbeiterin), Holger Bühring (Bearbeiter), Maximilian Görmar (wiss. Mitarbeiter DH)