herausgegeben von Anne Tilkorn
Wolfenbütteler Forschungen Bd. 130
2012. 158 S.
ISBN: 978-3-447-06625-9
Preis: € 52,-
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Die Beiträge des vorliegenden Bandes beschäftigen sich mit den verborgenen Gemeinsamkeiten Spinozas und Kants in ihren Letztbegründungen für moralisches Handeln. Im Mittelpunkt stehen die Begriffe der Selbstreferenz und Freiheit. So ist es bei Spinoza die Substanz, die sich selbst, nicht ein Anderes, ausdrückt. Das heißt, die Gegenstände in der Welt sind als ausgedehnte Gegenstände Ausdruck der Ausdehnung und ihre Ausgedehntheit ist dabei vollständig, total, so dass eine Stecknadel genauso wie ein Hochhaus ein räumlicher Gegenstand ist. Für Kant sind es wiederum wir selbst, die die Form der Anschauung setzen, auch hier ist diese nichts uns Fremdes, Vorausgesetztes, sondern eine Präsentationsform, die jeweils in ihrer Ganzheit da ist. Weder bei Spinoza noch bei Kant gibt es noch ein Äußeres, ein Nicht-Präsentiertes oder ein dem Denken Vorgegebenes: „Sein ist Verstandensein“. Den Folgen dieser Grundannahme einer „Ent-Aristotelisierung“ geht dieses Buch nun auf dem Gebiet der Motivationstheorien, also der praktischen Philosphie nach. Dass zum Handeln auch eine Motivation gehört, ist für beide Denker klar. Spinoza wie Kant wussten um die Relevanz des Gefühls – nicht als Fundament einer Moral, aber als notwendigem Beweggrund für den Vollzug des moralischen Tuns. Und sie haben des Öfteren dieselbe Einschätzung hinsichtlich des Stellenwerts bestimmter Gefühle: So sehen sie beide im Mitleid eine Schwäche und keine Tugend. Von beiden ist der Ausspruch „Die Tugend ist ihr eigener Lohn“ bekannt. Doch wo begegnen sich ihre Theoriestrukturen? Dass es trotz der auf den ersten Blick so großen Differenzen – Spinozas Determinismus vs. Kants freier Wille und Spinozas Ansatz einer Einheit von Theorie und Praxis vs. Kants strikte Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Vernunft – sehr viele kongruente Linien in ihren Argumenten gibt, stellt dieser Band heraus.