Bis heute ist die visuelle Kultur Europas geprägt von Stereotypen, die mal grimmig, mal romantisch verklärt Imaginationen der Anderen evozieren und dabei vor allem die Differenz zum Eigenen thematisieren. Das hat eine meist ausgeblendete, bis ins 15. Jahrhundert reichende Tradition, die - im Kontext von Entdeckungen, Handels- oder Pilgerreisen, Kolonialisierung  und Krieg - mit der Entstehung von Bildkulturen einhergeht. Es entstanden Bilder, die mit unterschiedlichen Mitteln und Absichten dem „Exotischen“, „Fernen“ und „Fremden“ Sichtbarkeit verleihen, oft nur beschreibend dokumentierend, oft aber auch emotional und manipulativ auftraten: Dabei prägten ideologisch fundierte Ängste den Blick auf die Anderen ebenso wie diskursiv verfasste Sehnsüchte und Begehren. Real oder metaphorisch gewendet sind sie wirkmächtige Teile von Konstruktionen des „Anderen“; und dass sie nur allzu leicht als politische Kampfbilder instrumentalisiert werden können, charakterisiert die Bildgeschichte von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Deshalb sind Kritik und Dekonstruktion des historisch immer wieder neu verhandelten europäischen Blicks und seiner Bilder nach wie vor relevant.

Aber das Erblickte und bildlich Erfasste hat schon immer den Blick erwidert und sich seine eigenen Bilder geschaffen. Deshalb soll der außereuropäische Blick auf Europa und den Westen, also gleichsam das „Andere“ der „Anderen“, ebenso thematisch  werden. Seit wann und mit welchen Stereotypen wurde „der Westen“ ins Bild gesetzt? Gibt es dem Westen vergleichbar eine Trennung von dominant beschreibenden und polarisierenden Bilder? Oder zeugen sie von Gleichmut und Desinteresse?

Bilder der Anderen stellen immer auch einen Reflexionsraum des kulturellen Selbst dar. Umso fraglicher ist wie, die jeweilige Identität thematisch wird, welche Formen der Hybridisierung des „Eigenen“ mit dem „Anderen“ im Rahmen transkultureller Bewegungen wie Reise, Flucht und Migration entstehen und schließlich: Wie sinnvoll diese einander ausschließenden Kategorien angesichts einer Verflochtenheit der Kulturen überhaupt noch sind.

Ziel der Ringvorlesung ist es, die mitunter  kontroverse Pluralität von Bildern der/des Anderen sowie die Wechselwirkungen zwischen europäischen und außereuropäischen Bildkulturen in seiner ebenso historischen wie gegenwärtigen Dimension erkennbar zu machen. Neben Vorträgen von Vertreter*innen der Kunst-, der Literatur- der Theater-der Geschichts- und der er Religionswissenschaft, der Islam- sowie der Afrikastudien sollen auch Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen Aspekte  dieses ebenso in die Vergangenheit wie die Gegenwart weisenden Problemfelds aufzeigen.

Das Programm

Aufgrund der Corona-Pandemie findet die Ringvorlesung im Internet statt! Bei Interesse an der Teilnahme wenden Sie sich bitte an ed.ba1714571278h@rel1714571278sseor1714571278.eloh1714571278.

Aufgezeichnete Vorträge können über die nachfolgenden Links abgerufen werden:

  • 21.04.2020 Dr. Silke Förschler (Uni Kassel):

    Evidenz des Verborgenen. Haremsdarstellungen zwischen Orientalismus und kulturellem Austausch
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 28.04.2020 Dr. Alberto Saviello (FU Berlin):

    Opake Götter. Transkulturelle Elfenbeinfiguren aus den frühneuzeitlichen Missionen in Südasien
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 05.05.2020 Prof. Dr. Peter Burschel (HAB Wolfenbüttel/Universität Göttingen):

    Der Tanz der Tapuya. Zur kulturellen Codierung von Hautfarben in der frühen Neuzeit
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 12.05.2020 Dr. Caroline Herfert (Universität Hamburg):

    „Da thuns uns Türken im Abendland immer auf die Tabakkrämerschilder aufipatzen“: Österreichische Orientbilder und Exotismus im Wien des Fin-de-siècle
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 19.05.2020 Aysun Bademsoy (Berlin):

    Am Rand der Städte – Türkische Remigrationen
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 26.05.2020 Prof. Dr. Alexandra Karentzos (TU Darmstadt):

    Einverleibungen des Anderen. Transkulturelle Perspektiven in der Kunst
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 02.06.2020 Bert Rebhandl (Berlin):

    BOLLYWOOD GLOLLYWOOD. Globalisierungslogiken im Austausch zwischen indischem Mainstream- und westlichem Arthousekino
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 09.06.2020 Dr. Charlotte Colding Smith (Deutsches Schifffahrtsmuseum Bremerhaven):

    Säbel, Sultane, Seraglio: Osmanische Figuren in Trachtenbüchern, Alba Amicorum und anderen Werken
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 16.06.2020 Prof. Dr. Maria-Th. Leuker (Universität zu Köln):

    Aneignungen der anderen Natur. Bild- und Textstrategien in D’Amboinsche Rariteitkamer (1705) und Het Amboinsche Kruid-boek (1741–45) von G.E. Rumphius
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 23.06.2020 Prof. Dr. Stefanie Diekmann (Universität Hildesheim):

    Japan-Projektionen - Roland Barthes: Das Reich der Zeichen
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 30.06.2020 Dr. Madoka Yuki (Folkwang Universität Essen / Berlin):

    Yonuske Natori und sein Deutschlandbild aus dem Jahr 1936
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 07.07.2020 PD Dr. Marianne Koos (Université de Fribourg):

    Folding Screens
    Der Vortrag im Online-Archiv

  • 14.07.2020 Dr. Mona Schieren (HFK Bremen):

    anders gleich. Zu Lygia Clark’s Körpertechniken
    Der Vortrag im Online-Archiv

 

Ansprechpartner*innen:

Prof. Dr. Victoria von Flemming
Hochschule für Bildenden Künste Braunschweig
Institut für Kunstwissenschaft
Johannes-Selenka-Platz 1
38118 Braunschweig
+49 (0) 531 391-9184
ed.sb1714571278-kbh@1714571278gnimm1714571278elf-n1714571278ov.v1714571278

Dr. Hole Rößler
Herzog August Bibliothek
Abteilung Forschungsplanung und Forschungsprojekte
Lessingplatz 1
38304 Wolfenbüttel
+49 (0) 5331 808-202
ed.ba1714571278h@rel1714571278sseor1714571278.eloh1714571278

 

Bildquelle: Luisa Walter/HBK