Mein derzeitiges Postdoc-Forschungsprojekt konzentriert sich auf Kriegsgefangene in den Gedanken der europäischen Aufklärung. Wie waren die Rechte von Kriegsgefangenen ausgestaltet? Wie haben sie sich im Laufe des 18. Jahrhunderts verändert und wie eng waren sie mit damaligen Vorstellungen von Fortschritt, Aufklärung, und Rechtsstaatlichkeit verknüpft? Das Projekt untersucht nicht nur die Ideenwelt, sondern verbindet diese auch mit dem zeitgenössischen Verständnis von konkreten Kriegen und Krisen, wie beispielsweise die Erklärung des französischen Nationalkonvents im Jahr 1794, dass im Krieg gegen Großbritannien ‚Pardon‘ nicht gewährt würde, oder die spätere Gründung von Kriegsgefangenenlager in den Napoleonischen Kriegen.
Das Projekt beginnt mit der Untersuchung einer bisher unerforschten und unveröffentlichten Abhandlung von Charles de Villers über die Geschichte und theoretischen Grundsätze der Kriegsgefangenschaft. Das Manuskript, welches ich 2017 entdeckte, ist, trotz seiner Obskurität, von besonderer Bedeutung. Es ist nicht nur ein historisch-philosophisches Traktat zum gleichzeitigen Krieg, sondern enthält auch die erstmalige Erwähnung einiger Schlüsselbegriffe, wie zum Beispiel der ‚Kabinettskrieg‘, die höchst einflussreich für die Entfaltung der modernen Kriegsgeschichte gewesen sind.